Presseinformation - 8. Januar 2018

Nicht regieren ist besser

Satz des Jahres 2017 stammt von Christian Lindner


Der deutsche Satz des Jahres 2017 lautet:
"Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren."

Mit dieser Aussage begründete der FDP-Vorsitzende Christian Lindner am 19. November 2017 den Rückzug seiner Partei von den Sondierungen für eine Jamaika-Koalition mit CDU/CSU und Grünen.

Nach Ansicht der Jury bringt der Satz ein zentrales politisches Ereignis des Jahres 2017 auf den Punkt, nämlich das Scheitern der Jamaika-Sondierungen nach der Bundestagswahl. Der Satz besiegelte das „Jamaika-Aus“ (Wort des Jahres 2017) und bescherte Deutschland einen Jahreswechsel ohne gewählte Bundesregierung.

Neben der inhaltlichen Relevanz war für die Auswahl des Satzes auch seine erhebliche Wirkung ausschlaggebend. Er verursachte ein gewaltiges Echo in den Medien und eine öffentliche Debatte über die Gründe der FDP und deren Stichhaltigkeit. Die Jury findet es in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass der FDP-Vorsitzende offenbar zu wissen glaubt, was richtiges und falsches Regieren ist. Dieser Absolutheitsanspruch lässt sich, je nach Standpunkt, als Prinzipientreue oder als mangelnde Kompromissbereitschaft deuten.

Die Jury bestand aus dem Hohenheimer Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider, dem Kölner Kabarettisten Thilo Seibel und dem Satz-des-Jahres-Organisator Milon Gupta. Sie wählten den Satz aus 38 gültigen Vorschlägen, die bis Ende 2017 eingereicht wurden.

Das Hauptkriterium für den Satz des Jahres war, dass er ein wichtiges gesellschaftliches Thema oder Ereignis im Deutschland des Jahres 2017 auf den Punkt bringt. Die Satz-des-Jahres-Aktion ist privat organisiert und verfolgt keine kommerziellen oder parteipolitischen Absichten. Ziel der Aktion ist es, die Menschen in Deutschland für den öffentlichen Gebrauch von Sprache zu sensibilisieren und prägnante Aussagen, die repräsentativ für ein Jahr sind, vor dem Vergessen zu bewahren.

In die engere Auswahl kamen, chronologisch geordnet, auch folgende Sätze:

"Wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen – und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen."
AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland am 24. September nach der Bundestagswahl zur künftigen Rolle seiner Partei im Parlament.
Begründung: Dieser Satz führte zu einem großen Medienecho und steht beispielhaft für die rechtspopulistische Rhetorik der AfD, mit der ihr der Einzug in den Bundestag gelang.

"Ein bisschen wehmütig - und ab morgen kriegen sie in die Fresse!"
Die neue SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles am 27. September auf die Frage, wie sie sich nach ihrer letzten Kabinettssitzung mit den Unionskollegen fühle.
Begründung: Der Satz sorgte für hohe öffentliche Resonanz. Er steht beispielhaft für die Zerrissenheit der SPD, die sich einerseits an das Ausüben von Macht in der Großen Koalition gewöhnt hatte, andererseits aber direkt nach der Wahl entschied, in die Opposition zu gehen. Die derbe Wortwahl kann als Indiz dafür gesehen werden, wie tief der Frust bei Frau Nahles über die Wahlniederlage saß.

Folgenden Satz hätte es aus Sicht der Jury verdient, mehr Beachtung zu finden:

"Lassen Sie uns aufeinander Acht geben!"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 25. Dezember in seiner Weihnachtsansprache.
Begründung: In punkto öffentliche Wirkung hatte dieser Appell keine Aussicht, ein Anwärter auf den Satz des Jahres zu sein. Die Jury hält ihn dennoch für sehr relevant: Auch 2017 erschienen Toleranz und gegenseitiger Respekt in der deutschen Gesellschaft rückläufig, wie die Wellen von Hasspredigten, Beleidigungen und Mobbing in den sozialen Medien gezeigt haben.

Sätze des Jahres 2009-2016:

2009
"Das steht mir zu."
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zur Dienstwagenaffäre

2010
"Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei."
Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler

2011
"Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert."
Bundeskanzlerin Angela Merkel

2012
"Mir fehlte das Fingerspitzengefühl."
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück

2013
"Das Internet ist für uns alle Neuland."
Bundeskanzlerin Angela Merkel

2014
"Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen."
CSU-Leitantragsentwurf zu "Bildung - Migration - Integration"

2015
"Wir haben so vieles geschafft - wir schaffen das!"
Bundeskanzlerin Angela Merkel

2016
"Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung."
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer

Ab sofort können bis Jahresende Vorschläge für den Satz des Jahres 2018 eingereicht werden.


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