Presseinformation - 8. Januar 2019

Der Mann, der sich nicht entlassen lässt

Satz des Jahres 2018 stammt von Horst Seehofer


Der deutsche Satz des Jahres 2018 lautet:
"Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist."

Diesen Satz äußerte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung", das am 2. Juli 2018 veröffentlicht wurde. Das Interview mit dem viel zitierten Satz erschien unmittelbar vor einem Krisentreffen zwischen Spitzenpolitikern von CDU und CSU, das den Konflikt über die Asylpolitik zwischen den Schwesterparteien beenden sollte.

Nach Ansicht der Jury bringt der Satz eine zentrale politische Debatte des Jahres 2018 auf den Punkt, nämlich den von der CSU entfachten Asylstreit in der Großen Koalition. Zudem bringt er Seehofers persönliche Differenzen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Ausdruck. Anders als der Satz vermuten lässt, hatte nicht Merkel Seehofers Entlassung ins Spiel gebracht, sondern er selbst seinen Rücktritt. Seehofer hatte nach einer CSU-Sitzung in der Nacht zum 2. Juli seinen Rücktritt angeboten, sein Angebot aber kurz darauf wieder zurückgenommen.

Neben der inhaltlichen Relevanz war für die Auswahl des Satzes auch seine erhebliche Wirkung ausschlaggebend. Er verursachte ein gewaltiges Echo in den Medien und eine öffentliche Debatte über das lähmende Chaos in der Bundesregierung.

Die Jury bestand aus dem Hohenheimer Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider und dem Satz-des-Jahres-Organisator Milon Gupta. Sie wählten den Satz aus 22 gültigen Vorschlägen, die bis Ende 2018 eingereicht wurden. Das Hauptkriterium für den Satz des Jahres ist, dass er ein wichtiges gesellschaftliches Thema oder Ereignis in Deutschland auf den Punkt bringt.

Der Satz des Jahres ist bereits zum zehnten Mal von der Satz-des-Jahres-Aktion gekürt worden. Die Satz-des-Jahres-Aktion wurde 2009 von Milon Gupta ins Leben gerufen. Sie ist privat organisiert und verfolgt keine kommerziellen oder parteipolitischen Absichten. Ziel der Aktion ist es, die Menschen in Deutschland für den öffentlichen Gebrauch von Sprache zu sensibilisieren und prägnante Aussagen, die repräsentativ für ein Jahr sind, vor dem Vergessen zu bewahren.

In die engere Auswahl kamen, chronologisch geordnet, auch folgende Sätze:

"Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte."

Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland am 2. Juni 2018 beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative im thüringischen Seebach.
Begründung: Mit diesem Satz verharmloste der AfD-Vorsitzende die Nazi-Diktatur in extremer Weise. Er setzt die Reihe von AfD-Zitaten fort, die die NS-Zeit relativieren. Der Satz liefert ein weiteres Beispiel für das typische Kommunikationsmuster der AfD: Aufreger produzieren, öffentliche Aufmerksamkeit erhalten – und hinterher behaupten, man sei völlig falsch verstanden worden.

"Hase, Du bleibst hier!"

Stimme einer unbekannten Frau in einer privaten Videoaufnahme vom 27. August 2018, die ihren Partner mit ihrem Appell davon abhält, einen flüchtenden Menschen im Rahmen von ausländerfeindlichen Übergriffen in Chemnitz zu verfolgen.
Begründung: Die ausländerfeindlichen Übergriffe von Chemnitz bildeten den sichtbaren Höhepunkt der Fremdenfeindlichkeit in einem Jahr, das von Auseinandersetzungen um Migration geprägt war. Der Ausruf macht zudem die Diskrepanz deutlich zwischen männlicher Gewaltbereitschaft in der rechten Szene und dem Befehl einer Frau an ihren „Hasen“.

"Diese vierte Amtszeit ist meine letzte als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 29. Oktober 2018 in der CDU-Parteizentrale in Berlin.
Begründung: Die Ankündigung von Angela Merkel, den CDU-Parteivorsitz abzugeben und keine weitere Amtszeit als Kanzlerin anzustreben, war die mit Abstand wichtigste politische Personalie des Jahres und stellt eine politische Zäsur für die Bundesrepublik dar.

Sätze des Jahres 2009-2017:

2017
„Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“
FDP-Vorsitzender Christian Lindner

2016
"Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung."
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer

2015
"Wir haben so vieles geschafft - wir schaffen das!"
Bundeskanzlerin Angela Merkel

2014
"Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen."
CSU-Leitantragsentwurf zu "Bildung - Migration - Integration"

2013
"Das Internet ist für uns alle Neuland."
Bundeskanzlerin Angela Merkel

2012
"Mir fehlte das Fingerspitzengefühl."
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück

2011
"Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert."
Bundeskanzlerin Angela Merkel

2010
"Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei."
Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler

2009
"Das steht mir zu."
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zur Dienstwagenaffäre

Ab sofort können bis Jahresende Vorschläge für den Satz des Jahres 2019 eingereicht werden.


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