Presseinformation - 5. Januar 2021
"Hass ist keine Meinung"
Satz des Jahres 2020 stammt von Heinrich Bedford-Strohm
Der deutsche Satz des Jahres 2020 lautet: „Hass ist keine Meinung.“ Diesen Satz äußerte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, in Bezug auf Hass und Hetze in sozialen Medien in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeine“ am 4. Januar 2020.
Bedford-Strohm hatte im Zusammenhang mit seinem Engagement in der Seenotrettung von Flüchtlingen Morddrohungen erhalten. In dem Interview erläuterte er den Satz wie folgt: „Überall, wo die Verächtlichmachung und Sabotage der Menschenwürde öffentlich propagiert wird, kann man sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen.“
Begründung
Nach Ansicht der Jury bringt der Satz ein zentrales gesellschaftliches Thema des Jahres 2020 auf den Punkt, nämlich die Zunahme von Hassrede und Hasskommentaren in sozialen Medien und bei Demonstrationen, wie den Querdenker-Demos im Herbst und dem sogenannten Sturm auf den Reichstag am 29. August. Menschen, die sich demokratisch engagieren, darunter PolitikerInnen, JournalistInnen und KabarettistInnen, sehen sich zunehmend Hass und Drohungen ausgesetzt. Anonyme Hass-Prediger in sozialen Medien und DemonstrantInnen mit Hass-Parolen berufen sich auf die Meinungsfreiheit, wenn sie andere Menschen und deren Werte und Meinungen aggressiv herabsetzen.
Im Jahr 2020 hat dieser verbal geäußerte Hass ein Klima geschaffen, das eine Zunahme rechtsextremer Gewalt gefördert hat; genannt sei nur der Anschlag von Hanau im Februar. Der Satz des Jahres thematisiert dies nach Ansicht der Jury auf prägnante Weise und vertritt eine klare Haltung gegen die ungehemmte Verbreitung von Hass. Der Satz wurde nach dem Anschlag von Hanau unter anderem von der ehemaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger aufgegriffen. In einem Tweet vom 21. Februar schrieb sie: „Zu oft wird Hass relativiert oder unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit legitimiert – doch Hass ist keine Meinung.“
Der gekürte Satz ist nicht neu – er wurde bereits 2017 als Titel eines Buches der Grünen-Politikerin Renate Künast verwendet. Doch im Kontext des zunehmenden Rechtsextremismus im Jahr 2020, den Bundesinnenminister Horst Seehofer als die größte Bedrohung im Land bezeichnet, erhielt der Satz eine besondere Aktualität. Dies auch gerade dadurch, dass Rechtsextreme die grundsätzlich durch Demonstrationsrecht und Meinungsfreiheit legitimierten Proteste gegen Corona-Lockdowns dafür missbrauchten, ihren Hass auf den demokratischen Rechtsstaat zu verbreiten.
Jury
Die Jury bestand aus dem Hohenheimer Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider, der Hamburger Kabarettistin Turid Müller und dem Satz-des-Jahres-Organisator Milon Gupta. Sie wählten den Satz aus 16 gültigen Vorschlägen, die bis Ende 2020 eingereicht wurden. Das Hauptkriterium für den Satz des Jahres ist, dass er ein wichtiges gesellschaftliches Thema oder Ereignis in Deutschland auf den Punkt bringt.
Der Satz des Jahres ist bereits zum zwölften Mal gekürt worden. Die Satz-des-Jahres-Aktion wurde 2009 von dem Neckargemünder Berater Milon Gupta ins Leben gerufen. Sie ist privat organisiert und verfolgt keine kommerziellen oder parteipolitischen Absichten. Ziel der Aktion ist es, die Menschen in Deutschland für den öffentlichen Gebrauch von Sprache zu sensibilisieren und prägnante Aussagen, die repräsentativ für ein Jahr sind, vor dem Vergessen zu bewahren.
In die engere Auswahl für den Satz des Jahres 2020 kamen auch folgende Sätze:
"Bleiben Sie gesund!"
Häufig verwendete Gruß-Floskel im Corona-Jahr.
"In Moria sind die Werte der EU in Flammen aufgegangen."
Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion, im Bundestag am 11.September 2020, zu den Versäumnissen der EU rund um die Zustände und Vorgänge im abgebrannten griechischen Flüchtlingslager Moria.
Sätze des Jahres 2009-2019:
2019
"Bitte hört auf die Wissenschaft!"
Klimaaktivistin Luisa Neubauer
2018
"Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist."
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)
2017
"Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren."
FDP-Vorsitzender Christian Lindner
2016
"Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung."
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer
2015
"Wir haben so vieles geschafft - wir schaffen das!"
Bundeskanzlerin Angela Merkel
2014
"Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im
öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen."
CSU-Leitantragsentwurf zu "Bildung - Migration - Integration"
2013
"Das Internet ist für uns alle Neuland."
Bundeskanzlerin Angela Merkel
2012
"Mir fehlte das Fingerspitzengefühl."
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück
2011
"Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert."
Bundeskanzlerin Angela Merkel
2010
"Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei."
Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler
2009
"Das steht mir zu."
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zur Dienstwagenaffäre
Ab sofort können bis Jahresende Vorschläge für den Satz des Jahres 2021 eingereicht werden.
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