Presseinformation - 8. Januar 2024

"Nie wieder ist jetzt!"

Satz des Jahres 2023 thematisiert Antisemitismus

Der deutsche Satz des Jahres 2023 lautet: "Nie wieder ist jetzt!" Dieser Appell wurde seit Oktober in zahlreichen Kampagnen und Demonstrationen gegen Antisemitismus und Israelhass verwendet.

Der Ausruf "Nie wieder!" beschwor nach dem Zweiten Weltkrieg die Verhinderung eines weiteren Holocausts. Von deutschem Boden sollten nie wieder Faschismus, Judenverfolgung und Krieg ausgehen. Der Satz des Jahres greift diesen Schwur auf. Mit dem Zusatz "…ist jetzt!" macht er deutlich, wie aktuell und dringend notwendig der Kampf gegen Antisemitismus angesichts der gewachsenen Bedrohung von Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland geworden ist.

Der Kontext für den Satz ist der pogromartige Überfall der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Zivilisten in Israel am 7. Oktober sowie der massive militärische Gegenangriff Israels auf die Hamas im Gazastreifen. Nach diesen Ereignissen waren die antisemitischen Straftaten in Deutschland seit Oktober stark angestiegen.

Begründung

Nach Ansicht der Jury bringt der ausgewählte Satz ein zentrales gesellschaftliches Thema des Jahres 2023 in Deutschland auf den Punkt: den stark angestiegenen Antisemitismus und den Willen vieler Menschen, dem entgegenzutreten. In den Bewertungskategorien Relevanz, Wirkung und Prägnanz hat der Satz von der Jury jeweils den Höchstwert erhalten (5 aus 5).

Der Satz wurde als Überschrift einer ganzseitigen Zeitungsanzeige von 106 deutschen Unternehmen am 22. Oktober und als Motto einer Großdemonstration gegen Antisemitismus in Berlin am gleichen Tag verwendet. Seitdem wurde der Satz häufig bei weiteren Demonstrationen, in Kampagnen, Politiker-Reden und in den Sozialen Medien (Hashtag #niewiederistjetzt) zitiert.

Insbesondere im Rahmen des Gedenkens an den 85. Jahrestag der NS-Pogromnacht am 9. November wurde der Satz mehrfach geäußert, unter anderem von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Zum gleichen Anlass wurde der Satz in blauer Schriftfarbe auf das Brandenburger Tor projiziert. Bei einer Suchmaschinensuche ergaben sich für den Satz rund 270.000 Ergebnistreffer, was die hohe Verbreitung und Wirkung des Satzes zusätzlich belegt.

Jury

Die Jury bestand aus dem Kommunikationspsychologen Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun, der Kabarettistin Turid Müller und dem Strategieberater Milon Gupta. Sie wählten den Satz aus 21 gültigen Vorschlägen, die bis Ende 2023 eingereicht worden waren. Hauptkriterium für den Satz des Jahres ist, dass er ein wichtiges gesellschaftliches Thema oder Ereignis auf den Punkt bringt, welches viele Menschen in Deutschland bewegt hat.

Der Satz des Jahres ist bereits zum 15. Mal gekürt worden. Die Satz-des-Jahres-Aktion wurde 2009 von Milon Gupta ins Leben gerufen. Sie ist privat organisiert und verfolgt keine kommerziellen oder parteipolitischen Absichten. Ziel der Aktion ist es, die Menschen in Deutschland für den öffentlichen Gebrauch von Sprache zu sensibilisieren und prägnante Aussagen, die repräsentativ für ein Jahr sind, vor dem Vergessen zu bewahren.

In die engere Auswahl für den Satz des Jahres 2023 kamen auch folgende Sätze:

"In diesem Land gerät etwas ins Rutschen."
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, CDU, am 3. Juli in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe nach AfD-Erfolgen bei Kommunalwahlen zur Gefahr einer politischen Polarisierung in Deutschland.
Ein prägnanter Satz, der die dramatischen Verschiebungen in der politischen Landschaft auf den Punkt bringt.

"Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss und denen in Berlin sagen: Ihr habt's wohl den Arsch offen da oben."
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei einer Demo in Erding am 10. Juni gegen das Heizungsgesetz der Bundesregierung.
Ein Beispiel für wirkungsvolle populistische Rhetorik, die in derben Worten die Unzufriedenheit vieler Wählerinnen und Wähler mit den demokratischen Institutionen wahltaktisch ausnutzt und fördert.

"Unsere alte Zukunft ist kaputt, wir brauchen dringend eine neue!"
Zukunftsforscherin Florence Gaub am 19. Dezember in der ZDF-Talkshow "Lanz".
Dieser Satz bringt auf den Punkt, wie Deutschlands soziale und politische Zukunftsgewissheiten durch die veränderte Realität in Frage gestellt worden sind.

Sätze des Jahres 2009-2022:

2022
"Wir erleben eine Zeitenwende."
Bundeskanzler Olaf Scholz

2021
"Besiegen wir das Virus nicht weltweit, kommt es mit dem nächsten Flieger zurück."
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller

2020
"Hass ist keine Meinung."
Heinrich Bedford-Strohm, EKD-Ratsvorsitzender

2019
"Bitte hört auf die Wissenschaft!"
Klimaaktivistin Luisa Neubauer

2018
"Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist."
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)

2017
"Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren."
FDP-Vorsitzender Christian Lindner

2016
"Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung."
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer

2015
"Wir haben so vieles geschafft - wir schaffen das!"
Bundeskanzlerin Angela Merkel

2014
"Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen."
CSU-Leitantragsentwurf zu "Bildung - Migration - Integration"

2013
"Das Internet ist für uns alle Neuland."
Bundeskanzlerin Angela Merkel

2012
"Mir fehlte das Fingerspitzengefühl."
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück

2011
"Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert."
Bundeskanzlerin Angela Merkel

2010
"Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei."
Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler

2009
"Das steht mir zu."
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zur Dienstwagenaffäre

Ab sofort können bis Jahresende Vorschläge für den Satz des Jahres 2024 eingereicht werden.


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